HIGH-TOPS UND HOTPANTS
VORWORT
Hier lest ihr den stark gekürzten Bericht vom Muskelrock-Festival 2016. In seiner vollen Pracht erscheint der Text in der zweiten Ausgabe des WARRIOR-ZINES, die im November/Dezember dieses Jahres fertig sein wird. Bis dahin müsst ihr euch also noch etwas gedulden und mit diesem (schon auch umfangreichen) Appetizer Vorlieb nehmen.
Alle Fotos schoss Daniela Strohmaier. Checkt ihre Facebook-Seite www.facebook.com/metalimpphotography
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HINREISE – MITTWOCH
Etappe eins führt meine beste Freundin Dani und mich von Leonberg im Schatten des Angelhill über 759 Kilometer nach Sagau in Schleswig-Holstein – mitten ins Nirgendwo (eine Redewendung, die wir während dieses Trips so oft verwenden werden, dass sie am Ende jegliche Bedeutung verloren haben wird… gerne auch in Abwandlungen wie „mitten in der Pampa“ oder „am Arsch der Welt“). Auf dem dortigen Moorberghof ist das Leben tatsächlich noch ein Ponyhof – weil unsere Bleibe ein verdammter Ponyhof IST. Wir spannen noch mal aus, gehen im nahen Eutin essen und bereiten uns auf den kommenden Tag vor. […]
HINREISE – DONNERSTAG
Am nächsten Morgen geht es weiter über die Insel Fehmarn zur Fähre. Die bringt uns über das 19 Kilometer lange Kernstück der Vogelfluglinie zunächst nach Rödby in Dänemark. Shit, windet das auf diesem Kahn!
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Im Anschluss passieren wir Kopenhagen. Und über die gigantische, 7845 Meter lange Öresundbrücke – die Mautkosten sind übrigens ebenfalls gigantisch – fahren wir von Dänemark ins schwedische Malmö. Die E23 (vergleichbar mit einer ab und an mehrspurigen Bundesstraße, die „gute, alte E23“, wie wir sie später nennen werden) bringt uns in Richtung Växjö.
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Vorbei an wirklich malerischen Feldern, Wäldern, Seen und vereinzelten Häuschen geht es dem legendären Tyrolen entgegen. Auf dem Gelände des ehemaligen Freizeitparks steigt es, das MUSKELROCK-Festival. Fast punktgenau um 17 Uhr schlagen wir dort auf.
DONNERSTAG – TAG 1
Wir sind also wirklich da! Angekommen! Im gelobten Land des internationalen Metal-Undergrounds. MUSKELROCK! Unser Camp schlagen wir auf der Wiese für die Wohnwagen und -mobile auf.
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Und schon in den ersten fünf Minuten wird uns klar: Hier sind echt alle vollkommen relaxed. Das kann auch am Wetter liegen. Im Verlauf der nächsten Tage wird hier in Schweden kein einziger Tropfen Regen fallen. Während, remember, bei uns daheim in Deutschland gefühlt jeden Tag ein anderes Dorf bei einem Unwetter überflutet wird.
Wir bauen also auf und sind happy. Heute soll in einem mitten auf der Wiese aufgebauten Zirkuszeltchen schon die erste Band spielen: AMULET. Eigentlich wollen wir sie gemeinsam gucken. Ich werde sie alleine sehen, weil Dani im Suff plötzlich entschwindet. Wir lassen uns nieder, trinken das erste Bierchen und kommen mit den Leuten ins Gespräch. Schweden unter anderem, Erik und Joel, zwei junge, etwas abgefahrene Zeitgenossen. Und Philip und Robert aus dem hessischen Herborn, zwei echt nette, lockere Typen, mit denen wir fast das gesamte Festival abhängen werden. Man trinkt und irgendwann begebe ich mich alleine zu AMULET, die wenige Minuten später in einem Zirkuszelt mitten in der Pampa auch loslegen. Das Publikum geht steil, hängt und rüttelt am Stahlzaun, welcher Bühne und Zuschauer voneinander trennt. Ja, liebe Leser, es hängt und rüttelt am STAHLZAUN, welcher Bühne und Zuschauer voneinander trennt. Ein fucking ZAUN! Es ist ein starker Auftritt der Londoner Okkult-Heavy-Metaler. Inzwischen bin ich aber ziemlich fertig, es ist spät, und ich begebe mich nach einer letzten – erfolgreichen – Dani-Suchrunde über den Campground in die Heia.
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FREITAG – TAG 2
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Die Zeit nach dem Aufstehen – es ist sehr schnell sehr heiß in Bus und Zelt geworden – nutzen wir zum Kaffee kochen und für ein Frühstück in Form einiger Fünf-Minuten-Terrinen (der Gaskocher meines Vaters ist der Hammer!! Danke fürs in der Garage finden, Vadder!). Außerdem holen wir unsere Einlass-Bändel und wagen einen ersten Gang über das „Infield“. Hier ist alles so geil bunt und positiv, sowas habe ich noch nie auf einem Festival erlebt. Auf der Bühne im Außenbereich laufen die letzten Vorbereitungen, und auch die Bühne im Zirkus-Rondell, dem Rotundan, wird für die Gigs klargemacht. Viele Menschen sind noch nicht hier, aber wir nutzen die Zeit schonmal zum Bierchen trinken.
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Und dann geht es endlich auch außerhalb der Pampa-Zeltbühne (ihr erinnert euch, AMULET am Vortag) los. Die britischen Jungspunde von SEVEN SISTERS machen den Anfang. Sehr stabil gezockter Heavy Metal, der gleich Bock auf mehr macht. Die Hose eines der Gitarristen sieht zwar aus wie ein schlimmer Autounfall (Spandex im Union-Jack-Look), ansosten gibts aber wenig bis nix zu meckern am Opener. Interessanterweise hat das Quartett gerade einmal eine Demo und eine SIngle veröffentlicht. Dafür ist das, was da auf der Bühne passiert, echt bemerkenswert.
Als Nächstes spielen AGGRAVATOR im Zirkus-Rondell. Und wie!!! Die Band ist, wohl gemeinsam mit ANTICHRIST, die mit Abstand härteste im gesamten Billing und überzeugt mit ihrem supertighten Thrash Metal von Anfang an. Leider ist nur ein kleiner Teil des MUSKELROCK-Publikums auf Geknüppel gepolt, so dass es vor der Stage relativ leer bleibt. Dennoch sind die Texaner der Hammer! Ich lege mir später Shirt und CD zu, und bereue es bis dato zu keiner Sekunde!! Alter, was eine geile Band! Klare Empfehlung für jeden Thrash-Maniac.
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Von den Punkern von ZEX kriege ich nur ein bisschen Arsch-Gewackel der Frontfrau mit, die reichlich knapp bekleidet vors Publikum tritt. Die Entscheidung fällt aber trotzdem pro Bierchen am Campchen. Und Safti (der Likör für fröhliche Leute mit Geschmack – mit Wodka verfeinert). Während des Gigs von TYSONDOG bequemen wir uns aber wieder nach vorn. […]
TAIWAZ geben wir uns als nächstes, sie spielen im Rotundan-Pavillon. Angedoomter Heavy Metal, der ordentlich Atmosphäre verbreitet. Eigentlich nicht zu 100 Prozent meine Baustelle, und in der Youtube-technischen Nachbetrachtung finde ich das aus der Konserve auch ziemlich unspektakulär. Aber live machen die Schweden irgendwie doch Bock.
Noch viel mehr Spaß machen aber VARDIS im Anschluss auf der Open Air-Bühne. Das neue Album (das ich nicht kenne) ist in der einschlägigen Presse eher zwiespältig aufgenommen worden. Das, was die alten Herren aus UK aber auf dem MUSKELROCK abliefern, ist rundum top. Nicht allzu komplizierter Heavy Metal, der perfekt ist zum Bier trinken. […]
ROCK GODDESSbetreten nach den von uns verpassten FLIGHT auf die Freiluft-Bretter. Zumindest die letzten zwei Songs kriegen wir noch mit. Denn in der Zwischenzeit waren wir bei uns am Camp und haben, ja, wie soll man sagen: ein wenig gefeiert. […]
Und käme uns nicht eines der Festival-Highlights in die Quere, hätten wir noch ewig weitermachen können. Aber jetzt spielen ANTICHRIST, auf die sich Dani schon seit dem Zeitpunkt freut, an dem die Band bestätigt wurde. Die Black-Thrasher aus dem nahen Växjö haben quasi ein Heimspiel und legen den Pavillon in Schutt und Asche. Was dabei an Moshpit-Action abgeht, spottet für schwedische Verhältnisse jeglicher Beschreibung, und Bock macht das Ganze so richtig! Zwar müssen Robert und ich das ein oder andere Mal dafür sorgen, dass Dani – selig am Headbangen – keine abkriegt, aber es ist wirklich geil. Und Songs wie ‚Militia of Death‘ und vor allem ‚Victims of the Blade‘ sind in ihrer gewollten, perfekten Stumpfheit halt nunmal absolute Granaten.
SATAN im Anschluss sind Hammer, auch, weil aus der Reunion 2011 zwei sehr, sehr starke Alben hervorgegangen sind. Die NWOBHM-Recken steigen mit dem famosen Opener ihres ’83er „Court in the Act“-Albums, ‚Trial by Fire‘, in ihren Headliner-Set ein, und es ist eine wahre Wonne. Erwähnenswert auch, dass sich Sänger Brian Ross irgendwann auch seiner kaum wegzudenkenden Sonnenbrille entledigt. Aber bei mir wird es dafür umso dunkler. Bis zum Ende eines starken Auftritts halte ich es nicht mehr durch (alter Mann und so, außerdem steckt mir echt noch die enorm lange Fahrerei der vergangenen beiden Tage in den Knochen). Die anderen machen noch weiter Party, ich trolle mich gegen 1 Uhr in den Bus.
SAMSTAG – TAG 3
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Am Mittag hat bereits der Armdrück-Wettbewerb stattgefunden. Und wie man uns berichtet, hat es tatsächlich so ein armer Tropf geschafft, sich dabei den Arm zu brechen. In der Tat: Später werden wir mehrfach einen Metalfan sehen, der mit fast bis zur Schulter eingegipstem Arm – und mit eher semibegeistertem Gesichtsausdruck – übers Gelände schleicht. Wie wir später mitbekommen, kommt der Gute auch noch aus dem brasilianischen Sao Paolo. Hmm, er hat sich seinen Muskelrock-Besuch wahrscheinlich ein bisschen anders vorgestellt.
[…] SALEM sollen die erste Band des Tages für uns sein. Außerdem ist heute der erste „Hemlig Artist“ an der Reihe, also die erste Überraschungsband. Ich frage ab und an bei Philip (ein verdammtes Metal-Lexikon, der Mann) nach, ob er schon was herausgefunden hat. Namen wie DEMON oder auch VENOM INC. machen die Runde. Es soll später aber anders kommen. SALEM sind ein absolut passender Start in den musikalischen Teil dieses Samstages. […] Der Fünfer aus UK macht Laune und hebt die Stimmung. Was auch am Stageacting der Musiker liegt. Daumen hoch.
Mit SECOND SUN setzt sich im Rotundan die Diskussion zwischen mir und Robert fort, ob man nun „Retro Rock“ sagen darf oder nicht. Ich bleibe dabei und beharre darüber hinaus auf meinem Standpunkt, dass ich das live zwar absolut annehmbar finde, es mich auf Platte aber wahrscheinlich ziemlich schnell langweilen würde. Alles in allem aber ein guter Gig, und ja, ich steh‘ tatsächlich auf Hammond-Sounds. Und die hat die Band dank der blonden Orglerin zu Genüge. […]
Das alles – ALLES – ist aber ein feuchter Furz im Gegensatz zu dem, was nun kommt: AMBUSH! Auch diese Heavy Metal Band mit hörbaren PRIEST-Einflüssen kommt aus Växjö und ist für Dani und mich der Hauptgrund, aus dem wir zum MUSKELROCK gekommen sind. Und! Es! Ist! So! Geil!!!!! ‚Firestorm‘ eröffnet einen bombigen Set, in dessen Verlauf ich Gefahr laufe, meine Stimme komplett zu verlieren. ‚Possessed By Evil‘ und der Titeltrack der aktuellen Platte, ‚Desecrator‘, sind gottverdammte Hits, genau wie JEDER andere Song, den AMBUSH heute bringen. Nach dem Killer-Ohrwurm ‚Southstreet Brotherhood‘ beschließt die Zugabe ‚Don’t Shoot, Let ‚Em Burn‘ einen hammermäßigen Auftritt, der für mich – zusammen mit dem Gig der zweiten Überraschungsband – das Highlight des MUSKELROCK 2016 darstellt.
Was ich an dieser Stelle aber mal loswerden muss: Seit wann ist denn bitteschön die Hotpant für Männer wieder salonfähig geworden? Oder anders: War sie jemals salonfähig? Ich kenne exakt ein einziges Bandfoto, auf dem ein männliches Bandmitglied ein so kurzes Höschen angelegt hat, und das ist im Innenteil von DEMOLITION HAMMERS „Tortured Existence“ zu sehen. Aber gut, auf dem MUSKELROCK ist irgendwie alles ein bisschen anders. So wundert man sich nach einer Weile auch darüber nicht mehr.
Wir schauen noch einen Teil von WUCAN (Retro-Zeug aus Dresden mit Querflöte und Sängerin), dann wollen wir eigentlich kurz zum Camp. Doch der Gig einer Band, die einfach mitten auf der WIese ihr Equipment aufgebaut hat, hält uns auf. Ich habe nach wie vor keine Ahnung, wie die Combo heißt (irgendwie halt auch so ein Retro Rock-Ding, gell, Robert?), aber geil kommt das schon irgendwie. […]
Okay, Camp, Bierchen, kurz die alten Schweden-Rocker von NEON ROSE begutachtet, was essen… und dann geht’s schon zu einem weiteren Festival-Höhepunkt: zu den LIZZIES! Keiner anderen Band, so geil sie alle sein mögen, sieht man an diesen drei Tagen auch nur annähernd eine solche Freude an wie der All-Girl-Combo aus Madrid. Wie sie einfach Bock drauf haben, so guuut!!! Die Mucke – straighter Heavy Metal – kommt ausgezeichnet an, das Publikum geht ab und stampft nach dem offiziellen Ende des Sets mit den Füßen auf den Holzboden des Rotundan. Da wollen sich die LIZZIES nicht lumpen lassen und noch eine Zugabe bringen. Das scheitert allerdings daran, dass hinter dem Rücken von Sängerin Elena Zodiac schon das Schlagzeug abgebaut wird. Aber wer will der supersympathischen Band nach einem solchen Auftritt diese „Panne“ schon übel nehmen?
Und ich sage noch zu Dani: Dani, sag‘ ich, da sitzt der Blumi, der Gitarrist von METAL INQUISITOR. Und wenig später steht er schon mit METALUCIFER auf der Bühne. Auch Bassist Cliff von METAL INQUISITOR ist dabei. Ich lasse mir erklären, dass das wohl öfter mal so ist, wenn die japanische Band in Europa auftritt. Egal, der Gig macht echt Bock, und Songs wie ‚Heavy Metal Hunter‘, ‚Heavy Metal Chainsaw‘ oder ‚Heavy Metal Samurai‘ sind eben einfach, naja, Heavy Metal eben!
Dann ist es Zeit für den ersten „Hemlig Artist“. Und es sind… eben gerade NICHT die mittlerweile erwarteten HEAVY LOAD. Es ist die Coverband HEATHENS FROM THE NORTH […] Aber die Gruppe hat ein besonderes, sagen wir mal Schmankerl mit dabei: Eddy Malm, einstmals Sänger des schwedischen Metal-Heiligtums. Er intoniert vier oder fünf Songs, aber so richtig den Knaller finde ich das ehrlich gesagt nicht. Oder wie es Erik ausdrückt (neben der nachmittäglichen Aufforderung „Show me your cock!! Come on, it’s no big deal!!“ ist es sein zweiter philosophischer Moment des Tages): „Weißt du, die Schweden haben EUROPE und HEAVY LOAD. Ich sehe das hier mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits freue ich mich wahnsinnig, die Songs zu hören. Aber andererseits ärgert es mich, dass man eben nur eine Coverband als Überraschungsband präsentiert.“
[…]
Es folgt der absolute Tiefpunkt eines sonst rundum gelungenen Festivals: KAT & ROMAN KOSTRZEWSKI. Schön, die polnische Band mag „Kult“ sein, aber unter diesem Banner kann man auch sowas abliefern wie… keine Ahnung, aber eben nicht sowas. Mich berührt das, was da passiert, nicht mal im Ansatz, was vielleicht auch an der Eiseskälte liegen könnte, die dort auf der Bühne herrscht. Und damit meine ich keine Black Metal-Kälte, sondern keine Spielfreude, keine Kommunikation (weder untereinander noch mit dem Publikum so richtig), das ist einfach nüscht. KAT? Eine Veranstaltung, die auch in Zukunft ohne mich KAT sein darf.
Danach ist Schicht im Schacht.
SONNTAG – TAG 4
Der letzte Tag des MUSKELROCK 2016 ist angebrochen. Da am Montag in Schweden Nationalfeiertag ist, geht die Feierei heute nochmal weiter. Und Dani und ich sind uns einig: Bei anderen Festivals hat man gegen Ende oft das Gefühl, dass es so langsam dann auch mal gut ist, es zwar schön war, aber man sich dann auch auf Zuhause freut. Das ist hier überhaupt nicht so. Ich persönlich würde es noch eine Woche aushalten. Aber gut, was will man machen.
An diesem Morgen beschließen wir, dem nahen Örtchen Blädinge einen Besuch abzustatten. Dort gibt es im Haus der Kirchengemeinde ein Frühstücksbüffet, außerdem möchte Dani gerne duschen gehen. Es ist ein Fußmarsch von gut zehn Minuten der kaum befahrenen Straße entlang. Und als wir angekommen sind, sitzen dort Metalheadz , unter anderem in Dissection-Shirts, neben Geistlichen mitsamt Priesterkragen. Und alles ist easy. Wir frühstücken und warten, bis eine der Duschen frei wird (Nummer ziehen ist angesagt und es dauert eine Ewigkeit). Ich lege mich derweil in den Schatten der Kirchenmauer, während im Hintergrund WYTCH HAZEL in eben jenem Gotteshaus ihren Unplugged-Set beginnen. Das ist mir an diesem Morgen aber alles eine Nummer zu experimentell…
[…] Schaut euch LONELY KAMEL an, lautet danach der Tipp von Robert. Wir tun, wie uns geheißen, und sie machen wirklich Spaß. Zwar haben die Stoner Rocker aus Oslo zu Anfang kleine Probleme mit der Bassgitarre. Als diese aber dank Gaffaband gelöst sind, entfaltet sich der wirklich hörenswerte Sound.
MAIDA VALE im Anschluss nerven irgendwie kolossal ab. Mag sein, dass andere Zuhörer die Musik und die Bühnenpräsenz der vier Schwedinnen interessant finden. Für mich ist das Gezappel der Fronterin in ihrem überdimensionierten Poncho nix… geschweige denn die Musik, die sehr psychedelisch daherkommt.
Dann lieber KING WITCH aus Schottland, obwohl die auch nicht zu 100 Prozent meine Baustelle sind. Was mich dabei am meisten stört, ist der viel zu laut abgemischte Gesang der Frontfrau. Aber um eines klarzustellen: Es hört sich irgendwie so an, als würde mich an diesem Samstag ziemlich viel nerven. Ist aber gar nicht so schlimm eigentlich. Vielleicht liegts auch daran, dass ich auch diesmal meiner grundlegenden Prämisse wieder treu bleibe: Wenn ich am nächsten Tag selber heimfahren muss, trinke ich in der Regel keinen Tropfen Alkohol – schon gar nicht, wenn eine mehr als 400 Kilometer lange Fahrt bevorsteht. Das senkt zwar meinen Feierlevel ganz enorm, ist aber, denke ich, ganz vernünftig.
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Danach stellt sich für Dani die Frage: LETHAL STEEL oder NATUR im Zirkuszelt in der Pampa? Die erste halbe Stunde verfolgen wir gemeinsam die junge Heavy Metal-Formation LETHAL STEEL auf der Open Air-Bühne. Die Schweden sind gut, auch wenn beim Sänger nicht jeder Ton so richtig sitzt. Alles in allem trotzdem ein guter bis solider Gig, mit allem, was man vom Debütalbum „Legion of the Night“ braucht. Luft nach oben ist aber allemal. Ich folge dann der mittlerweile entschwundenen Dani zu NATUR nach – und da ist so richtig was los! Das Zelt ist zu Beginn pickepackevoll (was sich nach und nach jedoch ändert), Menschen hängen kopfüber am Zaun, rütteln wie die Blöden dran und gehen einfach vollständig steil! Und textsicher ist die Crowd auch noch. Man muss zugeben: Die Amis machen mit ihrem „Old Metal“ auch echt Spaß! ‚Decion‘, aus zig Kehlen mitgebrüllt, ist das Highlight eines Supergigs! Und jetzt alle: „Lord Decion, go into the woods, your spells are all evil, but your magic doesn’t work on me!“ So!
HÄLLAS verpassen wir gepflegt, MINDLESS SINNER dafür nicht. Die wiedervereingten Schweden zocken okayen Heavy Metal, aber jetzt nix, was mich spontan zu Euphoriestürmen hinreißt. Das soll sich bei der nächsten Band aber ändern, obwohl ich sie im Sitzen und ganz zahm einfach nur genieße:
SLOUGH FEG! Sooooo geil!!! Ich hätte nie gedacht, dass ich die Amis in meinem Leben mal live sehen würde. Und jetzt sind sie der zweite Secret-Act auf dem MUSKELROCK! Und sie sind der Hammer! Einfach nur der Hammer!! Nicht, dass sie allein schon durch ihre Musik – Heavy Metal mit einem kleinen Folk-Einschlag in den Gitarrenmelodien und-harmonien – vollkommen einzigartig wären. Nein, sie sind einfach nur perfekt an ihren Instrumenten, in der Kommunikation untereinander und mit den Fans. Kurzum: schlicht brillant! Das ich das noch erleben darf!!
Besser kanns also nicht mehr werden. Auch wenn der nächste Act DIAMOND HEAD heißt. Ich hatte die Briten auf dem Bang Your Head!!! vor einigen Jahren zum ersten Mal gesehen, aber damals haben sie nicht so Bock gemacht wie nun hier in Schweden. Allerdings ist es inzwischen echt arschkalt geworden, so dass ich Hits wie ‚Helpless‘, ‚Shoot Out The Lights‘, Lightning To The Nations‘ oder natürlich das alles überragende ‚Am I Evil?‘ nur bedingt genießen kann. Apropos ‚Am I Evil‘: Man, ist das ein geiler Song, das wird mir bei diesem Gig mal wieder bewusst! Witzig auch, wie Sänger Rasmus Bom Andersen und Basser Eddie Moohan während der Solospots der Gitarristen im Hintergrund ‚rumpogen und sich einmal tatsächlich gegenseitig über den Haufen rennen.
Danach ist Ende bei mir. Im Wissen, dass morgen die erste Etappe der langen Heimfahrt ansteht und ich der einzige Fahrer bin, haue ich mich gegen Mitternacht in den Bus und schenke mir DEATHHAMMER, SABBAT und KIKAGAKU MOYO.
RÜCKFAHRT – MONTAG
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Nach einem Abbau fast in Rekordzeit […] ist aber die Zeit des Abschieds gekommen. Das Gute an der Sache: Wir können es echt ruhig angehen lassen, die Fähre fährt erst um 18.15 Uhr. So chillen wir in Dänemark zum Beispiel mehr als eine Stunde auf einem echt gediegenen Rastplatz, bei Thrash Metal aus dem Ghettoblaster, und nutzen die Zeit darüber hinaus, um vernünftig zu essen – und sind dann doch viel zu früh in Rödby am Hafen. Es reift der Beschluss: Wir probieren es einfach mal! Und siehe da, wir bekommen schon eine Fähre rund eineinhalb Stunden vor unserem eigentlich gebuchten Schiff. Das passt super, so sind auch viel früher wieder auf unserem Ponyhof und können in Eutin sogar noch was essen gehen. Nach der wirklich gesunden Ernährung auf dem MUSKELROCK (vegetarische Burger, die echt ordentlich schmecken, handgemachte Tortellini und so weiter) ist das das geilste, fettigste Braumeistersteak mit Zwiebeln und Bratkartoffeln! Yeah!
RÜCKFAHRT – DIENSTAG
Und dann folgt die letzte Episode der MUSKELROCK-Reise. Die restlichen 759 Kilometer von Sagau nach Leonberg im Schatten des Angelhill vergehen schnell und strengen auch nicht so an wie die Distanz auf der Hinfahrt. Weil wir es auch dabei gaaanz ruhig angehen lassen. Und irgendwann sind wir dann bei mir zuhause. Und nach einer notwendigen warmen Mahlzeit (danke, Mutter) geht der Tag bei einer gemeinsamen Nähsession zu Ende. Den Muskelrock-Patch werden wir beide nach diesem Trip mit Stolz auf der Kutte tragen!
[…]
ENDE