RUSH-Moving Pictures
Progressive Rock
39:57 Minuten
1981/Mercury Records

RUSH sind für viele Leute schwer zu erfassen. Nicht selten fällt in Unterhaltungen der Satz: „Rush? Also da kenn ich eigentlich gar nichts.“ Zwar hat jeder wahrscheinlich schon irgendwie irgenwas von den Kanadiern gehört – die geniale Musik haben viele aber gar nicht auf dem Schirm.

Zugegeben: Als Metalfan muss man sich schon eine gewisse musikalische Offenheit bewahrt haben, um Zugang zum Werk von RUSH zu finden. Vor allem die Phase in den 80ern, als das Trio zunehmend Synthesizer in seinen Progressive Rock integrierte, mag manchen zunächst mit Befremden zurücklassen. Zumal RUSH, 1968 gegründet, auf ihren ersten Alben noch lupenreinen Heavy Metal/Heavy Rock zockten. Ich für meinen Teil finde jede einzelne Phase der Band stark bis überragend. Die Essenz von RUSH verkörpert für mich aber ihr 1981er-Album „Moving Pictures“. Dürfte ich jemandem, der noch nie etwas von der Band gehört hat (und solche Leute gibt es zu Hauf, wie gesagt), nur ein einziges Album empfehlen, es wäre dieses. „Moving Pictures“ hat alles, was ich an RUSH liebe. Es beginnt mit dem wohl bekanntesten Song der Band, ‚Tom Sawyer‘. Allein der erste Synthie-Klang – ja, auch sowas kann ziemlich hart klingen, wenn man’s richtig macht – ist ein Gänsehautmoment par excellence. ‚Red Barchetta‘ im Anschluss ist die perfekte Mischung aus bezaubernder Luftigkeit und progressiver Härte. Eine Mixtur, wie sie in dieser Form einzig und alleine RUSH erschaffen können. ‚YYZ‘, Song Nummer drei, ist ein bretthartes Instrumental, in dem Frontmann Geddy Lees Weltklasse-Bassspiel so richtig zur Geltung kommt. Benannt ist das Stück übrigens nach dem Luftfahrt-Identifikations-Code des Flughafens von Toronto, der Heimatstadt der Band. ‚Limelight‘ im Anschluss ist ein für RUSH-Verhältnisse super-eingängiger Song. Auch hier gilt wieder: Bei RUSH hat alles soviel Platz, wie es benötigt, jedes Instrument klingt genau so, wie es klingen muss und klingen soll. Erneut eine perfekte Mischung aus Rocksong und Träumerei, allerdings mit durchaus kritischen Tönen in den Lyrics. ‚The Camera Eye‘ ist mit elf Minuten der Longtrack auf „Moving Pictures“. Die Band lässt sich Zeit, das Synthie-Intro deutet schon an, wohin die Reise in Zukunft gehen wird. Habe ich schon von Geddy Lees überragendem, glockenklaren Gesang geschwärmt? Nein? Dann tue ich es an dieser Stelle, könnte es aber auch an jeder anderen. ‚Witch Hunt‘ verbreitet Anfangs tatsächlich Gruselstimmung, entwickelt sich dann aber zu einem atmosphärischen Track, der gleichzeitig streckenweise die Heavy-Wurzeln der Band freilegt. Den Schlusspunkt hinter die musikalische Göttergabe „Moving Pictures“ setzt ‚Vital Signs‘ mit Reggae-Flair. Klingt ein wenig nach The Police. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb ich den Song als einzigen für nicht hundertprozentig zwingend halte – The Police find‘ ich halt total scheiße.
Also: Wer als Metalfan – egal, ob Black, Death, Thrash oder sonstwas – seine Scheuklappen ablegen kann und will, sollte sich „Moving Pictures“ von RUSH in seiner Gänze anhören. Gönnt dem Album zumindest mal einen Durchlauf. Es macht euch bestimmt nicht weniger hart oder trve!

P.S. An dieser Stelle übrigens ein riesengroßes Dankeschön an meinen Cousin Marcus – ein Prog-Fanatiker, ohne den RUSH wahrscheinlich auch an mir vorbeigegangen wären. Aber manchmal braucht es eben jemanden, der einen auf solche Schätze aufmerksam macht. Vielleicht bin ich ja auch so ein Jemand. Für irgendwen.

1. Vorsitzender. Faves: Rush, Hypocrisy, Bolt Thrower, OverKill, Blind Guardian, Vicious Rumors, Jag Panzer, Crimson Glory...

Kategorien: CD-Tipps